«Nr. 77 – September 2006 Osteuropaforschung – 15 Jahre „danach“ Beiträge für die 14. Tagung junger Osteuropa-Experten Veranstaltet von ...»
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Abstract
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Enikő Baga und Aron Buzogány Europäisierung subnationaler Politik und die Rolle lokaler Akteure in Mittel- und Osteuropa Die empirisch kaum voneinander trennbaren Prozesse der Transformation und Europäisierung in den neuen Mitglieds- und Kandidatenstaaten der Europäischen Union haben bislang wenig Rückhalt in der Theoriebildung erfahren, die in Richtung einer Integration beider Ansätze weisen könnte. Allerdings bietet die Frage, wie transnationale Normen auf lokale Gegebenheiten treffen und sich durch wechselseitige Anpassung verändern, Möglichkeiten, diese zwei Forschungstraditionen sinnvoll miteinander zu verknüpfen. Sowohl Europäisierungs- als auch Transformationsprozesse schaffen für Akteure auf der lokalen Ebene neue – rechtliche, wirtschaftliche und nicht zuletzt politische – Opportunitätsstrukturen und beeinflussen hierüber die Institutionenbildung sowohl auf der formellen als auch der informellen Ebene. Die Auswirkungen dieser äußeren Rahmenbedingungen sind mehrfach ambivalent. Erstens ergeben sich aus der Vielzahl externer Vorgaben inhärente Widersprüche. Zweitens spielen die lokalen Resonanzstrukturen in Form von „transnational geprägten lokalen Handlungsräumen“ die Rolle von Filtern für die Akzeptanz externer Normen.1 Diesem Fragenkomplex nähern wir uns im vorliegenden Beitrag in zwei Schritten an. Zunächst stellen wir kurz einige Desiderata der Europäisierungsforschung im Bezug auf Ostmitteleuropa vor, verweisen auf einige blinde Flecken der Forschungsagenda und umreissen Möglichkeiten, wie diese durch Einbettung in die Transformationsforschung ausgeleuchtet werden können. Das verdeutlichen wir in einem zweiten Schritt mit einer Fallstudie. Anders als die Mehrzahl der an dieser Schnittstelle angesiedelten Arbeiten, die ihre Untersuchung auf die nationale Ebene beschränken, fokussieren wir explizit die lokale Ebene: Den empirischen Teil des Beitrags bildet eine Fallstudie aus der westrumänischen Stadt Timişoara. Dabei möchten wir am Beispiel der Privatisierungsgeschichte der öffentlichen Trinkwasserversorgung in Timisoara aufzeigen, wie sich lokale Eliten in ihren im Zuge der Europäisierung veränderten Handlungsräumen zu behaupten lernen.
Das Paradigma der Europäisierung und Dilemmata der Transformation War die klassische Europaforschung in erster Linie von bottom-up Ansätzen dominiert, die vor allem zu erklären suchten, warum Staaten Souveränität an Brüssel abtreten, vollzieht sich seit einigen Jahren eine paradigmatische Wende, die durch die Verlagerung des Schwerpunktes auf die Untersuchung der Einwirkung der EU auf die politischen Systeme der Mitgliedsstaaten gekennzeichnet ist.
Eine zentrale Rolle für die Erklärung des innerstaatlichen Wandels nehmen dabei neoinstitutionalistische Ansätze ein.2 Aus Sicht des der „Logik der Konsequentialität“ folgenden rationalistischen Institutionalismus schafft die Europäisierung differenzierte politische Möglichkeitstrukturen und neue Einflussmöglichkeiten für politische und gesellschaftliche Akteure. Als Moderatoren des innerstaatlichen Wandels werden nationale Vetopunkte und formale Institutionen betrachtet. In der Konzeptionalisierung von Knill und Lehmkuhl spielen hierbei Siehe dazu Baga, E. (2006): Towards a Romanian Silicon Valley? Local Development in Post-Socialist Europe, Frankfurt am Main: Campus Börzel, T. A. und T. Risse (2000). „When Europe Hits Home: Europeanization and Domestic Change.“ European Integration online Papers 4(15): http://eiop.or.at/eiop/texte/2000-015a.htm.
132 Beiträge für die 14. Tagung junger Osteuropa-Experten politikfeldspezische Variablen zusätzlich eine Rolle.3 Im Bereich der positiven, marktkorrigierenden Integration werden von der EU institutionelle Modelle vorgegeben, bei denen die Mitgliedsstaaten nur einen begrenzeten Spielraum der Implementation haben. Anders verhält es sich im Fall der negativen, markt-schaffenden Integration, in dessen Mittelpunkt der Abbau von Handels- und Wettbewerbshemmnissen, Liberalisierung und Deregulation stehen. Aus der alternierenden Sicht des der „Logik der Verhältnismäßigkeit“ folgenden soziologischen Institutionalismus führt Europäisierung zu innerstaatlichem Wandel durch Sozialisationsprozesse, kollektives Lernen und Norminternalisierung. Eine zentrale Rolle spielen dabei Normunternehmer und eine kooperative politische Kultur, die nationale Regelungen indirekt, durch die Änderung der Überzeugungen und Präferenzen von nationalen Akteuren, beeinflussen.
Wie greifen diese – vor allem für den westeuropäischen Europäisierungsprozess entwickelten – Mechanismen im Fall der neuen Mitgliedsländer und Beitrittskandidaten? Die sich Ost-und Mitteleuropa zuwendende Europaforschung betont vor allem die hierarchische, auf Konditionalität beruhende Wirkung der EU in den neuen Mitgliedsstaten.4 Darüber hinaus sind die Ergebnisse breit gestreut: Einerseits wird der positive Einfluss der EU auf die Demokratisierungsprozesse in Ostmitteleuropa betont, doch gleichzeitig, so scheint es, hat diese ihren Demokratiedefizit nach Osten exportiert5, die Exekutive zuungunsten der Legislative gestärkt und die Technokratisierung der Politik vorangetrieben.6 Gemessen an der Empirie scheinen dabei im Vergleich mit soziologischen Ansätzen die am rationalistischen Institutionalismus orientierten Erklärungsansätze insgesamt viel besser abzuschneiden.7 Zumindest teilweise resultiert das aus der eingenommenen top-down Perspektive, dem knappen Zeithorizont und der schwierigen Operationalisierbarkeit von normgeleiteten Prozessen. Für den Mehrwert einer Verbindung der top-down Perspektive mit einer bottom-up Sicht spricht allerdings einiges, denn, anders als die stark juristisch und institutionenökonomisch geprägte Forschung, vermag solch ein Ansatz es womöglich besser, auch jenseits der Transposition oder Scheintransposition von Regelwerken die tatsächlich entstehenden institutionellen Ordnungen und Logiken zu beleuchten.8 Ein möglicher Erklärungsansatz für die Wahl und die jeweiligen Ergebnisse bestimmter Transformationsstrategien ergibt sich aus der Fokussierung auf das pfadabhängige Zusammenspiel zwischen dem sozialistischen und vorsozialistischen strukturellen Erbe (legacies) einerseits und der Dynamik der post-sozialistischen Einbindung in europäische politische und wirtschaftliche Zusammenhänge andererseits.9 „Erbe“ bezieht sich hierbei sowohl auf die materielle und institutionelle Ausstattung der Gesellschaft zum Zeitpunkt der Transformation wie auch auf verschiedene Traditionsstränge, Identitätsdiskurse und Selbstbilder. In diesem Zusammenhang bietet die Europäisierung nicht nur die Chance, dieses „Erbe“ neu zu definieren und wirkungsKnill, C. und D. Lehmkuhl (2002). „The national impact of European Union regulatory policy: Three Europeanization mechanisms.“ European Journal of Political Research 41(2): 255–280.
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Osteuropaforschung – 15 Jahre „danach“ 133 voller in politisch-ökonomische Praxis umzusetzen, sondern birgt auch neue Gefahren. Für sich betrachtet tragen sowohl „Erbe“ als auch Europäisierung ambivalente Züge.